Fernsehen
Samstag, 24. Dezember 2016
Geradenbild Geradenbild Link am Ganzkörperporträt Ganzkörperporträt weiter gearbeitet HGB Rundgang HGB Rundgang 2017 Link Vorschau Ganzkörperporträt 2016-12-24 12-59-29 schwarze Bereiche eingefügt, werden mit Punkten gefüllt wirkt fragmentarisch neues Motivformat: 68 x 220 cm Papierformat: 70 x 222 cm (weißer Bereich wird etwas größer) mit Rahmen Link Diplom Theorie Link Gespräch mit Alexander Link- Du hast ja … Ich stelle mir die ganze Zeit vor, dass ich nach dem Interview eine ganz große Ausstellung mache.
- [Lacht.]
- Extrem weiter Kunstbegriff
- Ich finde … Das hab' ich selbst noch nicht einmal … Du hast einen extrem weiten Kunstbegriff. Und ich ging eigentlich davon aus, dass deiner ziemlich eingeschränkt ist.
- Mhm.
- Weil du halt immer von Markt und … ähm … und Geld verdienen und so …
- Ja.
- Du hast ja auch als Hauptgrund dieses mit dem … ähm … Geschäftsmodell Kunstmarkt …
- Ja.
- … und so. Das klingt halt sehr nach … sehr … ähm … sehr … einer sehr durchdachten Struktur. So. Und jetzt wirkt das so, als würdest du alles eigentlich, … äh … was im Kunstraum ist, … ähm … Was ja auch so glaube ich von vielen gesehen wird. Inzwischen. Es kann alles Kunst sein. Es muss halt im Kunstraum sein. Es muss definiert sein als Kunst. Und dann ist es Kunst. Du kannst sogar was [Sperren: damit] anfangen. Mit den Bäumen. Mit dem Pissoir Marcel Duchamp , was dann dreckig ist oder gemalt dreckig ist oder so.
- Ja.
- Das finde ich gerade krass. Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Dass du wirklich in so einen Raum gehst und sagst: Oh, das ist geile Kunst! Ich hab' mir jetzt die ganze Zeit vorgestellt … Wie bei Oma: Hä, das soll Kunst sein? Das kann ich auch! Was du vorhin gesagt hast, als Beispiel.
- Mhm.
- Da hast du doch irgendwas gesagt mit … äh … ähm … Wenn's nur weiß ist oder so … Das kann ich ja auch. So.
- Ja. Die Genialität Genie , die da drinne steckt, dieses … ähm … ja …
- Du musst der Erste sein. Damit's genial ist.
- Das ist … ist …
- Und meinst du …
- Ja es muss etwas Besonderes sein. Es muss etwas … mhm …
- Dann klingt das jetzt wieder nach Markt halt. Ne? So … äh … [Nicht verständlich, 1:52:15.]
- Alexanders Tipps für mich
- Ich würde auch viel stärker differenzieren. Wir haben uns ja schon oft darüber unterhalten … ähm … Oder ich versuche dir immer Tips zu geben, was … was … was du machen [Sperren: solltest]. Und … äh …
- Da liegt der Telefonhörer immer daneben!
- [Lachen.]
- In den seltensten Fällen, oder fast gar nicht, richtest du dich danach. Weil …
- Ich sträube mich dann.
- Ähm … Weil … ähm … Ich würde … Ich … ähm … Wenn du mich fragst, würde ich dir natürlich sagen, … äh … suche dir eine Kunstrichtung, mit der du Geld verdienen kannst. Mit der du deinen Lebensunterhalt verdienen kannst. Das war immer meine Grundaussage. Zu der ich auch stehe.
- [Laut:] [Sperren: Endlich] hab' ich di… [Nicht verständlich, 1:52:45.]
- Äh … äh … [Nicht verständlich.]
- [Ruft zufrieden:] [Sperren: Interview Schluss!]
- Geldwert
- Ich will natürlich, dass du … ähm … äh … dass du in … mit dem was du gelernt hast, dass du das natürlich auch anwendest. Und … äh … Nicht nur … ähm … nicht nur überhaupt etwas schaffst, sondern dass du auch etwas schaffst, was einen [Sperren: Geldwert] hat.
- Du … Okay. Aber du …
- Geld verdienen kannst.
- Aber … Aber trotzdem würdest du nicht sagen, dass … äh … Kunst nur, wenn es Geld bringt, … äh … gut …
- [Sperren: Nie] und nimmer.
- Weil du das mit den Bäumen und so gesagt hast.
- Nein.
- [Sprechen durcheinander.]
- Aber … Aber … Aber du empfiehlst sozusagen, … ähm … man sollte schon … äh … ähm … sich vorstellen, dass, wenn man Kunst macht, dass man's auch an den Mann bringt. Also damit Geld verdienen kann.
- Das … Das wäre mein … Betriebswirtschaftlich gesehen wäre das die cleverste … äh … ähm … äh … Man sagt ja immer, der cleverste Businessplan, den ein angehender Künstler mitbringen sollte: Nämlich er schaut sich erst einmal den Markt an. Er … ähm … guckt sich an, was … was machbar ist. Welche Konkurrenz auf dem Markt vorhanden ist. Sucht sich eine Nische. Und verdient mit dieser Nische Geld.
- Also wenn so …
- So.
- Dann will ich kein Künstler sein!
- Also ich gebe zu, dass es eingeschränkt ist. Aber ich will noch ein Beispiel geben. [Räuspert sich.] Es würde mir Leid tun …
- [Sperren: Jeff Koons Jeff Koons !] Jeff Koons, © Chris Fanning
- Ich …
- [Sperren: Meintest du!]
- Kann sein.
- Mit dem erregiertem Penis. Jetzt hab' ich's.
- Kann sein.
- Jetzt redest du weiter.
- Meine Zukunft als Künstler
- Ähm … Also es würde mir Leid tuen, wenn … wenn du nach dem Studium … äh … anfängst … ähm … äh … ähm … ähm … gebrauchte Fließen zu zerschlagen … ähm … und … ähm … äh … versuchst das ganze dann halt in irgendeine Form zu etwas Neuem zusammenzufügen. Und es keinen interessiert. Du also weder Ausstellungen findest, oder weder Räume findest, die bereit sind, das zu zeigen. Äh … Du niemanden findest, der sich dafür ernsthaft interessiert. Und du vor allen Dingen jeden Monat zum Sozialamt gehen musst, um dir halt deinen Lebensunterhalt zu verdi… zu bekommen. Nicht zu verdienen, sondern …
- Mhm.
- … zu bekommen.
- Zu verdienen kann man das auch nennen.
- Und … äh … Ähm. Na gut. Äh … äh … Sozialhilfe abzuholen hat nichts mit Verdienen zu tun.
- Nee nee nee.
- Sondern man bekommt es ohne Gegenleistung.
- Künstler und Hartz 4
- Beim letzten Klassentreffen ging es um die HGB-Rundgang-Ausstellung.
- Ja.
- Und da war dann Hartz 4 ein großes Thema. Dass viele nach dem Studium am Ende …
- Ja.
- … da landen werden. Und, dass es einige Künstler gibt, die Harz 4 als Geschäfts… äh … Ding, also als … als … als Arbeitsstelle sozusagen sehen.
- Ja. Ja.
- Dass der Staat sozusagen …
- Der Arbeitgeber ist sozusagen der Staat. Und deswegen …
- Genau.
- … kann man sich frei bewegen. Und das würde ich nie… niemandem wünschen. Dir als recht nicht.
- Einige machen's ja freiwillig. Die nehmen es nicht negativ.
- Günther Uecker Günther Uecker
- Sondern wenn du die Wahl hast, würde ich sagen, … ähm … Heute morgen habe ich bei N24 oder NTV war das … äh … so einen Künstler gesehen, der hat Holzbrett… Genau. Er hat ganz viele Nägel raufgehauen … raufgeschlagen. Ähm … Krumm und schief und so. Ähm … Und … äh … scheint … äh … Mit Kuba war das irgendwas. Und scheint damit sehr erfolgreich zu …
- Waren das große Bretter. Oder …
- … sein. Nein es sah eher wie eine Leinwand aus. Aber es war quadratisch. Weiß. So vom vom Gefühl her zwei Zentimeter …
- Uecker.
- … Tiefe.
- Uecker heißt der.
- Wie?
- Uecker! Günther Uecker, © Lothar Wolleh
- [Sperren: Ja, genau.]
- Okay.
- Ja, der war das.
- Das ist schön. Weil ich von dem nämlich nen alten Fernseher, "TV Fernsehen " heißt das, gesehen habe. Wo er … Der hat ganz viel mit Nägel gemacht und …
- Genau.
- … hat in der Nachkriegszeit damit angefangen. Günther Uecker, © dpa
- Genau.
- Dies … Der war übrigens auch ein Thema.
- Genau. Das ist ein Thema, was ihn anscheinend schon ein Leben lang begleitet. Also er hat Nägel mit …
- Ruf' … Ruf' … Ruf' den auf!
- Ist jetzt egal.
- [Sperren: Nein]. Das ist ein Superding! Weil du den gesehen hast und …
- Affinität … Zu Nägeln …
- Okay. Und was … Sag' jetzt alles, was du darüber … Was … Was … Was passierte dabei bei dir. Als du das gehört hattest. Und … ähm …
- Also, pass auf. Ich hab' nur ganz kurz … ähm … äh … ähm …
- [Zeigt ein Bild von Günther Uecker.]
- Genau der ist das. Ich hab' auch gar nicht alle seine Werke gesehen. Sondern …
- Das war jetzt im Fernsehen. Nicht im Radio.
- Genau. N24 wie gesagt. Oder NTV war das heute.
- Okay.
- Ähm … Und ich hab' auch nur … äh … ein paar Minuten reingeschaut.
- Okay.
- Auf den Zug aufspringen
- Ähm … äh … Aber sowas hab' ich gesehen. Er hat so … so Schriften gemacht und hat anschließend … äh … äh … Unterschiedliche Religionen … Meinte er … Und hat das dann so mit Nägel behauen. Nein. Und er hat das für sich zu seinem Thema gemacht. Ich wollte nur sagen … ähm: Wenn du die Wahl hast zwischen Scherben, die sich … die vielleicht keinen Marktwert oder die du nicht zu einem Marktwert entwickeln kannst und … äh … diesen genagelten Sachen, … äh … äh … wo du vielleicht auf den Zug aufspringen kannst. Oder wo du das Gefühl hast, damit kannst du dein Lebensunterhalt verdienen … Würde ich [Sperren: immer] sagen: Nimm die Nägel!
- [Pause.]
- Das will ich sagen.
- Ich behaupte aber, dass der Uecker keine Nägel genommen hat, weil er sich sagte, Nägel lassen sich besser verkaufen als Scherben. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Das macht ein Geschäftstyp, der Geld verdienen will. Aber kein [Sperren: Künstler]. Ein Künstler … Für [Sperren: mich] hat ein Künstler …
- Ja.
- … äh … äh … im Kopf ein … ein Gefühl … Irgendwas, was er äußern will. Und dann nimmt er das, was … was … was er Äußern will, am besten darstellen kann. Da geht's ihm nicht darum, … ähm … wofür gibt's am meisten Geld. [Sperren: aber] das ist jetzt interessant. Äh … Du hast es dir angeguckt. Ne? Diese Dokumentation. Wie lange lief sie so ungefähr?
- Nein.
- Oder einen Ausschnitt …
- Ich hatte nur einen Ausschnitt davon …
- Okay.
- … gesehen. Also ich glaube, das war eine Stunde. Und ich hab' davon fünf Minuten …
- Okay.
- … gesehen.
- Okay. Aber du hast dir das fünf Minuten angesehen. So.
- Ja.
- Hast du das aus Interesse, als Langeweile oder hast du dir dann eine Frage gestellt, wie … was … Wie hat er argumentiert? Oder … Worum ging's da gerade? Was [Sperren: dich] dann zu fünf Minuten hingucken verleitet hat. Was Nägel mit Kunst zu tun hat.
- [Langgezogenes:] Mhm. Ich hab' den … die Vorschau gesehen. Diesen Trailer dazu.
- Mhm.
- Und … äh … Da wurde nur kurz über ihn … wurde kurz gesagt, was man … was man dann gleich sehen wird. Unter anderem wollte man auch Einblicke in seine Werkstatt und Einblicke in sein … sein [Sperren: Schaffen] wollte man … [Sperren: Das] hat mich interessiert. Ich wollte sehen, … äh … ähm … es war eher technischer … warum es mich interessiert hat.
- Mhm.
- Ich wollte sehen, wie ist seine Arbeitsumgebung. Wie ist … Was … Was inspiriert ihn. Ähm … Was … ähm … Wie macht er seine Kunst. Das hat mich interessiert. Und … äh … er selbst …
- Nicht [Sperren: warum] er das macht, sozusagen.
- Äh … Nee, das gar nicht mal … äh … Aber er selber hat es … Er wurde dann auch gefragt, … äh … was er dabei empfindet, wenn er diesen Nagel …
- Ja.
- … einschlägt. Und … äh … Da hat er das dann so beschrieben, … äh … dass er mit seiner [Sperren: gesamte] Körperlichkeit … Und das sah auch sehr anstrengend aus. Und er muss auch ganz schnell schlagen, sagt er. Damit er sich nicht zu doll konzentriert. Äh … Damit er den Nagel nicht so wie man es normalerweise macht, ganz akurat reinhaut. Sondern … Er muss richtig raufkloppen, auch wenn er mal daneben haut Haut . Und so. Erst dann entsteht [Sperren: in] der Arbeit eine gewisse Dynamik. Ähm … Die man dem Bild hinterher ansieht. Es heißt … Also das bedeutet: Es ist nicht geplant, was er macht. Äh … äh …
- Mhm.
- Da ist auch so ein Zufalls… ähm …
- Es bleibt spannungsgeladen. Es ist nicht so ganz geometrisch exakt.
- … äh … Und das hat mich interessiert. Also und das hat's dann auch wieder interessant gemacht. Und … äh … Wenn man natürlich dieses Wissen hat und später mal vor einem Werk von ihm steht, würde ich danach suchen. Dass ich genau das, was er beschrieben hat, dann auch wiederfinde. In dem Bild.
- Erwartungshaltung bei Kunst (wie Mona Lisa Mona Lisa Hype)
- Es ist interessant. Weil ich jetzt eben in München diese eine Arbeit gesehen hatte. Von ihm. Und ich hab' mir … Das war halt in … in Kunst … Medientheorie … Kurs … ging's um ihn. Und ich fand's halt spannend, was er gemacht hat. Und dann hab' ich das Original gesehen.
- Ja.
- Für mich war das eine Konsole mit Nägeln drinne.
- Mhm.
- Ich hab' da kene … Ich hab' da einfach … Auf … Auf den Abbildungen, wenn ich im Internet den Text durchlese, hat das eine riesen große Bedeutung bekommen.
- Ja.
- Am Ende war's wie bei der Mona Lisa. Höchstwahrscheinlich. Man steht davor. Und es ist halt irgendwas … Wo man [Sperren: soviel] gehört hat. Und am Ende …
- Ja.
- … ist es etwas … [Sperren: Pfff].
- [Pause.]
- Es war nichts mehr! Ich weiß nicht, wie es dir jetzt ergehen würde. Würdest du davor stehen. Weil, wenn man so eine Dokumentation vielleicht noch mit Hintergrundmusik oder so … Weißt du? Dann wirst du ziemlich schnell eingelullt und …
- Mhm.
- … und tauchst in eine fremde Welt ein. In die du aber nicht eintauchst, wenn du in einer Ausstellung bist, die ganz clean ist. Und du siehst da bloß ein Objekt. Einen Fernseher mit Nägeln drinne.
- Ja.
- Materielle Ebene wichtig
- So. Aber … Aber was ich jetzt interessant fand, bei dir - das hast du vorhin auch schon angedeutet, jetzt berichtige mich, wenn ich wieder falsch liege -, dass du … dass dich die materielle Ebene sehr anspricht. Du guckst nach dem Bilderrahmen. Du guckst [Sperren: wie] ein Bild gemacht wurde. Welche Schichten es vielleicht gibt. Wie der Aufbau ist. Äh … ähm … Dass du aber nicht nach dem [Sperren: Warum], oder … oder etwas … etwas … ähm … gefühlsmäßiges darin … äh … ähm … suchst. Sondern du guckst dir das ganze … ähm …
- Das Handwerkliche, nicht …
- … das Handwerkliche an.
- Das Handwerkliche. Nicht das Materielle.
- Genau. Das Handwerkliche. Aber das kann man schon so sagen?
- Ja.
- Das ist so deine Sicht auf … äh … auf Arbeit … Da gibt es etwas, was dich anspricht. Dann gibt's ja auch wieder einen Kreis zu deinem Ausgangspunkt, …
- Ich glaube …
- … wo du Begabung und Handwerk Handwerk nennst.
- Genau. Ich hab' das … ähm … noch nie so bei mir beobachtet.
- Du hast schon einen richtigen Kosmos Kosmos kreiert. Das kriege ich jetzt erst raus hier.
- [Lachen.]
- Ähm … Ich hab' das selber noch nicht so reflektiert bei mir. Aber … ähm … Ich gebe zu, wenn etwas besonders handwerklich gut gemacht ist oder wenn … ähm … überhaupt etwas, was mich fasziniert, ein Handwerk dahinter steht, dann bin ich bereit, mich länger damit zu beschäftigen.
- Ist das nicht [Sperren: geil], dass wir das jetzt so rausbekommen haben?
- Das ist cool. Ja.
- Ja.
- Über das Handwerk Zugang finden
- Aber dann … Dann gebe ich sozusagen dem Werk auch die Chance mir mehr von sich und dem Künstler zu erzählen.
Dienstag, 6. Dezember 2016
Diplom Theorie Link Gespräch mit Alexander Link weiter transkribiert Gespräch in Sprechblasenform Abbildungen hinzugefügt- Jemand, der sich … äh … äh … äh … ausdauernd und wiederholend … äh … mit Rechtswissenschaft beschäftigt.
- Was ist denn Rechtswissenschaft? Jetzt hast du schon wieder Rechtswissenschaftler mit Rechtswissenschaft …
- Das ist … Mhm. [Pause.]
- Ja. Die … Die … Die Definition und die Anwendung von Recht.
- Okay. Das … Deshalb kommst du sozusagen … äh … Deshalb hast du das erwähnt, Kunst steht bereits im Grundgesetz und so drinne. Aber wird da noch nicht definiert, sondern das ist dann halt das … Das macht ihr dann. Sozusagen. Wenn's nen Fall gibt, ne? So hab' ich's jetzt verstanden.
- So ganz … Aber nur bezogen auf unser Rechtsgebiet.
- Ja ja, ich hab' …
- Man muss Kunst nicht …
- Okay.
- … äh … unbedingt aus der rechtlichen … äh … ähm … Also nicht nur … Also nicht nur rechtlich … Also warum sollte ich denn Kunst rechtlich betrachten?
- Nee, aber … Du bist eher einer, der das könnte. Vom Recht her.
- Ja.
- Weil du das gelernt hast.
- So möchte ich denken.
- Du redest ja auch darüber. Du hast das ja mit dem Gesetz gesagt. Da steht zwar Kunst drinne, aber es wird nicht gleich definiert. Das liegt ja daran, dass du dich damit beschäftigst.
- Das ist sozusagen mein Geschäftsmodell Kunstmarkt .
- Okay. Genau. Okay.
- [Lacht.]
- Na ja, das ist ja gut zu wissen.
- Ja.
- Ausgangspunkt Begabung oder Handwerk Handwerk
- Ausgangspunkt … Ich will's gerne mal gerade selbst durchgehen. Ausgangspunkt für den Künstler ist entweder Begabung oder Handwerk.
- [Stille.]
- Gut. Ähm … Kann man vielleicht … ähm … Aber allgemein auf alle Sachen irgendwie … ähm …
- [Stille.]
- Na ja. Nee. Ich weiß jetzt auch nicht. Be… Begabung. Na was heißt Begabung? Ein Schreiner. Muss der nicht auch eine Begabung dafür haben? Irgendwie?
- Schreiner, Koch, Künstler
- Ja. Deshalb …
- Oder ein Koch.
- Ist der Koch nicht auch deshalb Künstler?
- Oder so.
- [Wiederholt:] Oder ist der Koch deswegen nicht auch Künstler?
- Na die wollen sich glaube ich als Künstler gerne aufspielen. Ne? Wenn die da ihre kleinen Werke …
- Nicht aufspielen. Das klingt schon wieder so negativ.
- [Sperren: Natürlich!] Ich bin da so!
- Derjenige, der … äh … der ganz zarte Kreationen, neue Dinge schafft …
- Ja.
- … und so … Da würde man auch von der Kunstform des Kochens sprechen. Warum denn nicht?
- Okay. Ähm … Bei dem … Bei dem Koch als Beispiel jetzt. Du würdest aber sagen, dis ist doch nur ein guter Koch, … ähm … äh … wenn es schmeckt und gut aussieht.
- [Stille.]
- So. Oder?
- N… n… nein. Also ich würde den Koch vom Künstler dann abgrenzen, wenn … äh … äh … was Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist. Also wenn er sich selber eher als Koch sieht, dann ist er Koch. Wenn er natürlich … äh … sich stärker als Künstler betrachtet, dann ist er Künstler. Also ich … ich …
- Koch wirklich Künstler?
- [Sperren: Ja, aber.] Aber würdest du jetzt einen Koch Künstler nennen, wenn er dir einen Teller präsentiert mit einem schauderhaft ausschauenden … äh … äh … Nudel-Bolognese-Dingsdabumsda? Was auch schrecklich schmeckt! Würdest du ihm dann sagen: Du … Sie sind aber kein Kochkünstler? So? Sondern Sie sind halt jemand, der das nicht hinbekommt …
- Nein. Das ist eine Frage, wie … wie … wie du … Also die Frage, die du eigentlich stellst, ist, wie definiere ich Kunst. Nämlich gibt es gute und gibt es schlechte Kunst.
- Intention Intention eines Kochs
- [Entrüstet:] [Sperren: Nein! Nein nein nein nein!] [Schnell gesprochen:] Nein nein nein nein. [Sperren: Du] hast gerade den Koch mit reingebracht. Oder ich hab' davor was anderes reingebracht. Die Frage ist doch aber beim Koch: Ein Koch gibt es, … äh … weil es Menschen gibt, die halt Hunger haben. Die gerne etwas essen wollen, was vielleicht noch schön aussieht. Je nach Restaurant.
- Ja, aber es … äh … Kunst beinhaltet doch, was ich gesagt habe. Eine Begabung, oder etwas … etwas besonders gut zu können. So.
- Ein Koch kann etwas besonders gut. Okay.
- Wenn ich jetzt einen Teller serviert bekomme, wo einfach alles nur hingepackt ist. Lieblos.
- Ja?
- Äh … ähm … Geschmacklich auf keinem Niveau …
- Ja?
- Äh … Dann … Dann … Dann fällt das ja schon gar nicht mehr unter den Begriff der Kunst. Wenn allerdings etwas … etwas Neuartiges kommt. Dass er da mit bestimmten Gasen experimentiert hat. Tiefgefrorene Früchte … äh … äh … ähm … Farbig, mit Wildkräutern und … äh … Dann entsprechendes Ambiente und das … äh … ähm … wiederholt macht. Dann würde man ihn wahrscheinlich schon als Künstler bezeichnen.
- Koch und Kreativität
- Ich würde ihn dann … Ich würde das Wort Kreativität dann benutzen. Koch und kreativ sein.
- [Pause.]
- Es ist die Frage, was …
- Hässlich = Kunst
- [Unterbricht:] [Sperren: Kunst]. Ist Kunst nicht kreativ?
- Du … Na du gehst jetzt ja von deinem Begriff aus … Also was für dich Begabung oder Handwerk … Da hast du recht. Wenn … Wenn du jetzt so argumentierst. Dann ist natürlich der Koch … äh … Der … Der hat ein Handwerk gelernt und gleichzeitig irgendeine Begabung. Etwas schön aufzutellern. Geschmacklich. Und so weiter. Äh … Weißt ja was. Ich hätte jetzt aber eingeworfen … äh … Für mich wäre es einfacher zu sagen: Wenn etwas hässlich schmeckt und etwas hässlich aussieht, dass das Kunst ist. Als wenn etwas schön aussieht. Weil wenn etwas schön aussieht und du kaufst es dann, dann wirkt es … Dann wird es ganz schnell zu einem Produkt. Und ist für mich nicht mehr Kunst. In dem Moment Moment . Sondern es ist ein Kunstprodukt. Was man kaufen kann. Und ich würde eben unterscheiden zwischen Kunst und zwischen … äh … Kunst, die man macht, um um gekauft zu werden. Damit man Geld verdient. Wovon du ja ausgehst. Der Ausgangspunkt … äh … Nicht Ausgangspunkt. Sondern, dass Kunst ein Geschäftsmodell ist.
- Das ist deine Definition von Kunst. Ja.
- [Sperren: Ja]. Aber das ist jetzt mein Problem. Eben. Ich … äh … ähm … Ich versuche dich zu verstehen. Und ich verstehe dich auch. Weil du es davor gesagt hast mit Können und mit Handwerk oder Begabung. Und das du jetzt eben sagst, ein Koch ist für dich dann sozusagen … äh … Künstler. So. Wo ich halt anderer Meinung bin. Weil das ist für mich halt … ähm … äh … das Geschäftsding. Dieses Modell. Geld zu verdienen. Mit Kunst. Gehört bei mir in Kunst gar nicht rein. Eigentlich. Aber wie lösen wir das? Ich will's ja gar nicht lösen! Ich will es ja eigentlich verstehen.
- Kunst im weiterem und engeren Sinne
- Ja. Ja. Die Wissenschaft in der ich arbeite, … die … ähm … arbeitet dann zum Beispiel auch mit Begriffen wie Kunst im weiteren Sinne. Kunst im engeren Sinne. Äh … Kunst auf bestimmte … ähm … bestimmte … Bereiche beschränkt.
- Kannst du das mal erläutern. Was du damit …
- Na ja. Zum Beispiel … ähm … Kunst im weiteren Sinne ist … äh … vielleicht alles das, … äh … was ein Mensch … ähm … schafft. Ähm … Mit … ähm … entweder einer gewissen [Sperren: Begabung] oder mit einem gewissen [Sperren: Können]. Und … äh … Aber das macht ihn vielleicht … ähm … im weiteren Sinne zu einen Künstler.
- Was heißt [Sperren: weiter]? Also wo die Definition noch ganz offen ist?
- [Sperren: Genau.] Wie so einen Trichter muss man sich das …
- Metapher Trichter
- Okay.
- … vorstellen. Ja? Oben fällt erst einmal alles rein. Also auch die Hausfrau, die zu Hause hundert Topflappen … äh … äh … knüpft … Topflappen, Anu Tuominen
- Okay.
- … und auf dem Markt verkauft. Würde sich vielleicht als Künstlerin bezeichnen. Weil sie macht Kleinkunst. Ja? Oder die Töpferin macht … äh … und … und ganz mies aussehende Tassen herstellt. Ähm … Und auch schlecht glasiert. Ähm … Würde sich vielleicht als Künstlerin bezeichnen. Weil sie etwas mit ihren eigenen Händen schafft.
- Mhm.
- Mit ihrer eigenen Kreativität.
- Mhm.
- Aber beides hat halt bei ihr … mhm … mhm … ihre Grenzen. Ja?
- Mhm.
- Merkt sie vielleicht auch daran, dass sie … ähm … dass keiner Interesse an ihrer Kunst …
- Ja.
- … Kunst findet. Ähm …
- Also dass es niemand kaufen will.
- Äh … Dass es … Ja. Und keiner geschenkt haben will. Wie auch immer. Also man interessiert sich einfach nicht für das, was sie tut. Und wenn sie … Und wenn ich jetzt den Trichter immer enger fasse. Immer enger fasse. Und sage … äh … Was ist denn, was bleibt am Ende als Kunst im [Sperren: engeren] Sinne übrig … äh … Da komm… Da nähere ich mich vielleicht eher deinem Begriff. Ähm … äh … Da ist dann wirklich derjenige, … äh … äh … wo der Künstler im Vordergrund steht. Wo sein … Wo … ähm … sein Schaffen im Vordergrund steht. Wo … ähm … seine Wiedererkennbarkeit im Vordergrund steht. Äh …
- Kunst als Marke
- Das ist [Sperren: Marke] für mich. Das hat für mich dann wieder nichts mit Kunst direkt zu tun.
- Das weiß ich nicht. Also ich glaube, … äh … äh … selbst wenn …
- [Unterbricht:] Wenn du jetzt so …
- Ja aber ich glaube, dass jeder … äh … ähm … jeder Museumsbesucher, also der irgendwie zweimal im Jahr ein Museum besucht, der erkennt bestimmte Pinselstriche oder Führung wieder. Und ich würde auch immer wieder einen Richter erkennen. Einfach in seiner Arbeit. Ähm … Also warum soll ich das denn so als negatives abgrenzen …
- [Unterbricht:] [Sperren: Ich habs doch gar nicht neg… Aber … Aber …] Aber da fiel mir der Begriff Marke ein!
- Ja!
- Weil es da genau darum geht, etwas zu schaffen, was man wiedererkennt. Wie beim HGB Rundgang HGB Rundgang , wo die Leute, die unten im Flur waren, ein Geradenbild Geradenbild gesehen haben. Im Klassenraum: "Das hab' ich doch schon gesehen!". Das ist eine Marke. Am Ende. Hat aber nichts direkt mit Kunst zu tun. Sondern das ist halt eine Möglichkeit sozusagen sich selbst zu definieren in einem riesengroßen Gebiet, wo tausend Leute unterwegs sind. Aber ganz kurz noch einmal. Bevor du auf den inneren Kreis eingehst. Hausfrau, Lena Zehringer, 2015
- Geldverdienen als Ausgangspunkt
- [Pause.]
- So. Du hast angefangen mit dem Trichter. Ganz oben. Äh. Wo auch jede Hausfrau und so weiter reingehört. Und du hast aber gleich irgendwie das mit dem Verkaufen im Hintergrund gehabt. Ähm … Also es gehört sozusagen ganz ganz als Basis irgendwie … Dieses Verkaufen. hab' ich dich richtig verstanden? Also ich will es jetzt nicht vorwerfen. Ich will jetzt erst einmal wissen, ob du das meintest. [Sperren: Warte mal.] Weil, [Sperren: wenn] du das meinst, dass dieses Geldverdienen, also die Geschäftsidee … Ne?… Äh … Wenn das mit Ausgangspunkt ist … Was siehst du denn dann bei all den Künstlern, die Kunst machen, die … die vielleicht ausgestellt werden in irgendwelchen Offspaces, aber die nie gekauft werden. Oder das sind Arbeiten, die gar nicht gekauft werden können. Weil sie so abstrakt sind, so … so … ähm … so leicht. So luftig. Sozusagen nur in dem Moment existieren. Und wo die trotzdem noch sagen würden: Ich bin Künstler!
- Anfang und Ende von Kunst
- Das Problem ist halt … Es ist schwierig halt zu … zu … Der Begriff ist so schwer zu fassen. Wo beginnt Kunst und wo endet Kunst.
- [Sperren: Aber] du hast einen Trichter gemacht!
- Äh … Genau. Dieser Trichter ist halt … ähm … Weil er sehr bildhaft ist. Das ist halt eine sehr schön … schön … schöne Metapher. Ja? Äh … äh …
- Du hast aber bereits angefangen mit …
- Beuys Joseph Beuys Fettecke
- Zum Beispiel Beuys. Diese Fettecke. Ja? Fettecke, 1982 / 1989, Joseph Beuys
- Ja.
- Also. Ähm … Da würde man vielleicht auch sagen: Das ist etwas, … äh … Das hast du zwar selbst geschaffen und … ähm … äh … vielleicht erkennt man dich auch wieder, weil du hast auch andere Dinge geschaffen, die irgendwie mit Fett zu tun haben.
- Na hat er ja auch gemacht.
- Ja. Ähm … Äh … Äh … Aber … äh … äh … Es gibt vielleicht kein Interesse. Oder es gibt vielleicht keinen Markt. So. Und das ist halt ganz interessant …
- Den gab's aber.
- Erfolg Erfolg nach Tod Sterben des Künstlers
- Äh … Später ist der erst dazugekommen. Also es gibt ja auch viele Künstler, … äh … die zeitlebens … äh … eben nicht … ähm … äh … äh … Wo ihre Fähigkeiten nicht gesehen worden sind. Sondern erst nach ihrem Tod. Posthum. Haben sie halt … äh … äh … ähm … Haben sie halt Erfolg erlangt.
- Weil sie gesehen wurden, aber abgelehnt wurden?
- Zum Beispiel.
- Also wie van Gogh Vincent van Gogh als Klassiker-Beispiel. Selbstporträt Selbstbildnis mit verbundenem Ohr und Pfeife, 1889, Vincent van Gogh
- Kunstbegriff abhängig vom gesellschaftlichen Wandel
- Das zeigt zum Beispiel ganz klassisch, dass der Kunstbegriff dem … dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen ist. Also …
- Genau.
- Es gibt Zeiten, in denen …. äh …, wo man das nicht als Kunst verstehen würde.
- Ja.
- Und es mag andere Jahrhunderte geben, wo man das wiederum ganz anders sieht.
- Genau. Und jetzt … Jetzt sind wir aber im Hier und Jetzt. Und jetzt redest [Sperren: du].
- Wann ein Markt vorhanden ist
- Genau. Und … äh … Ich sage, dass zum Beispiel die … äh … Wiederverkaufbarkeit oder das Materielle … der materielle Wert eines Kunstwerkes … eines Kunststücks … äh … sich eben auch messen lassen kann in Geld. Also wenn … Wenn ein Markt da ist. Für diese Kunst. Dann wird auch … Dann … äh … sieht man in dem Stück schneller Kunst … ähm … Und ist vielleicht auch … Und der Wert steigt auch schneller, …
- Mhm.
- … als wenn dieser Markt nicht da wäre. Und deswegen ist eben … äh … äh … Keiner würde sich … ähm … eine Fettecke in seine Wohnung [Sperren: wünschen].
- Ja.
- Gleichwohl … ähm … hat man es in Museen … äh … zeigen [Sperren: wollen]. Diese Art von Kunst. Äh … Und … äh … Der Bundestag war ja bereit, für öffentliche Kunst ja sehr viel Geld auszugeben. Ich erinnere mich an diesen Tisch. Mit diesen zwei Stahlkugeln. Tisch mit Aggregat, Joseph Beuys
- Mhm.
- Tisch mit Aggregat (siehe Umzugskarton Freiburg)
- Also wo jeder denkt: Ähm … Hat man das dort stehen gelassen? Beim Umzug? Welche Bedeutung hat das ganze? Ja? Äh …
- Wo war das? Im Bundes…
- Im Bundestag.
- Steht das immer noch da?
- Kunst im öffentlichen Raum
- Äh … Also ich kann mich erinnern, dass, als Frau Merkel damals glaube ich Bundeskanzlerin geworden ist, hatte man überlegt … Oder Woltar Ries … Rita Süß … Rita Süssmuth war das glaube ich. Die damalige Bundestagspräsidentin. Dass man Geld ausgegeben hat für öffentliche Kunst. Oder für Kunst im öffentlichen Raum. Soviel mehr …
- Mhm.
- Ähm … Und damals hatte man dann eben diesen Tisch mit den zwei Stahlkugeln gekauft. Äh … ob's den heute dort noch gibt, das weiß ich nicht.
- Wir können noch einmal recherchieren.
- Aufschrei Bevölkerung, Banalität
- Ja. Aber für mich … Damals habe ich schon in der Zeitung gelesen … Dieser Aufschrei, warum gibt man soviel Geld für etwas aus, für sowas Banales aus. Ja? Und so. Äh … Natürlich wird jetzt die eine Seite sagen: Ja, der Künstler hat sich dabei was gedacht! Und da kann man ganz viel hineininterpretieren und so! Und die andere Seite sagt: Ja [Sperren: toll]. Das ist halt Holz und Stahl. Ähm …
- Genau um diese Seite geht's mir. Jetzt übrigens. Jetzt verstehst du das.
- Und … ähm …
- Steuergelder
- Und zwar das ist die Seite, die … die das Volk repräsentiert. In den Pressemitteilungen. Wo dann halt hinterfragt wird, warum wird dafür so viel Geld … Steuergeld … ausgegeben. Weißt du?
- Markt als Spiegel Spiegelbild für Akzeptanz Kunst
- Ich … Als … Um das noch einmal zu sagen: Ich glaube halt, dass der Markt ein sehr guter Spiegel dessen sein kann … äh … was gesellschaftlich als Kunst akzeptiert wird.
- [Unterbricht:] Er ist aber noch nicht im Trichter automatisch oben. Sondern er könnte sozusagen ein … ein … nicht Indiz … sondern ein … ein … doch, ein Indiz dafür sein, dass es sich um Kunst handelt.
- Kunst ist, wenn jemand sagt, es ist Kunst
- Erst einmal ist es oben drinne. Weil jeder der sagt: Das ist Kunst, … Das kann ich ihm ja erst einmal nicht absprechen. Also wenn er das mit einer gewissen … ähm … Ja doch! Vielleicht will ich … will ich oben den Trichter gar nicht so eng machen. Ähm. Und gar nicht davon sprechen, er braucht eine bestimmte Begabung und ein bestimmtes Können. Vielleicht [Sperren: glaubt] er ja diese Begabung oder das Können zu haben. Äh … äh …
- Ja.
- Es entspricht aber nicht meinem … äh … Kunstverständnis. Oder meiner Ästhetik. So. Und … Aber nur weil er der Meinung ist, … äh … das wäre schon Kunst, gehört er erst einmal oben in den Trichter mit rein.
- Also machst du es dann ganz offen. Sozusagen.
- Genau. Kunst im weiteren …
- Das finde ich gut.
- … äh … Kunst im weiteren Sinne.
- Kunst im weitesten Sinne
- Im [Sperren: weitesten] Sinne. Sozusagen.
- Sogar im [Sperren: weitesten].
- Sobald eine Person sagt, … äh … das ist Kunst, dann ist es eigentlich Kunst. Egal ob man es jetzt begründen kann oder nicht. Aber er hat halt das Wort mit dem Objekt verbunden.
- Na ja. Moment. Nein nein. Ich nehme da schon eine Einschränkung vor. Und zwar nicht nur deswegen, weil er sagt, er behauptet, es sei Kunst. Das reicht mir nicht aus. Sondern ich … Er glaubt, dass er eine gewisse Begabung und Können hat. Das ist für mich schon [Sperren: rudimentär]. Diese Begabung oder das Können. Denn … äh … Es kann nicht sein … Ich halte jetzt hier eine Cola-Flasche hoch. Ich mache das jetzt gerade mal! [Hebt eine Cola-Flasche hoch.] Und sage: Genau diese Cola-Dose und genau dass die Cola jetzt zu einem drittel nur noch gefüllt ist, dass macht's jetzt zu einem … zu Kunst. Ja?
- Ja.
- Leider vergängliche Kunst. Aber vielleicht ist das … ähm … Genau. Es ist ein Moment. Eine Momentaufnahme.
- [Sperren: Warte mal.] Das sagst du jetzt als jemand, der Künstler ist oder als jemand, der …
- Nein. Ich will nur gerade sagen: Äh … Das reicht für mich nicht aus. Ja? Nur weil ich das jetzt als Kunst bezeichne. Diesen Moment. Ähm … Macht's das nicht zur Kunst. Und gehört auch nicht in diesen Trichter rein.
- Sicht des Künstlers und Betrachters auf ein Objekt
- Darf ich dich da ganz ganz kurz unterbrechen? Bitte.
- Okay. Mach's.
- Redest du jetzt als Alexander, oder redest du als jemand, der Künstler ist. Und diese Flasche hoch hält. Und … Also normalerweise Kunst macht und jetze … … Weil das ist ein [Sperren: ganz] großer Unterschied.
- Nein nein nein nein. Also im … Ich rede jetzt als Privatperson.
- Als Alexander.
- Genau. Weil ich will abgrenzen. Nicht, weil jemand - egal was er ist - sagt, das ist Kunst, wird es zu Kunst.
- [Sperren: Auch …] Auch wenn ein Künstler das sagt?
- Auch wenn ein Künstler das sagt.
- Auch wenn du das zwanzigmal wiederholst. Ist es dann nicht eine Kunst-Performance Performance ?
- Künstler muss überzeugt sein, Kunst zu machen
- Nein. Da muss man sich wieder überlegen, … äh … äh … ob in dem, was er macht, nicht doch ein Stück … [Sperren: Nein nein.] Halt. Die Abgrenzung, die ich vornehmen wollte, war eine andere. Und zwar habe ich gesagt: Der Künstler, oder derjenige der das hoch hält, muss auch selber davon überzeugt sein, dass er das mit einer gewissen Begabung oder einem gewissen Können macht. So. Und wenn du mir sagst, ein Künstler macht zwanzigmal einen … schwarzen Strich … 55/005, 1955, Kohle, Norbert Kricke, gezeigt im Kunstverein Potsdam
- Ja.
- … aufs Blatt Papier. Und stellt das dann in einer Sammlung aus.
- Ja.
- Reicht es mir nicht, dass er sagt: "Das ist Kunst". Dann landet er noch nicht in dem Trichter. Sondern er landet nur dann drinne, wenn er auch [Sperren: glaubt], dass er das mit einer gewissen Begabung oder einem gewissen Können gemacht hat.
- Formen auch von Kindern umsetzbar, ohne Begabung und Handwerk
- Aber ein Strich kann schon ein Baby machen. Da brauche ich keine Begabung und kein Können.
- [Pause.]
- Ein [Sperren: Können]. Er braucht eine Hand. Er braucht … Er muss einen Stift halten können. Ist das für dich schon ein Handwerk?
- Also ich gebe zu … Ich gebe zu, diesen Aspekt, den ich da mit reinnehme … in diesen weiten Trichter, ja? Äh … Ist etwas, was man objektiv nicht wahrnehmen kann. Sondern was nur derjenige, in seiner subjektiven Wahrnehmung selbst entscheiden kann. Nämlich … Mache ich das, weil ich mir darüber Gedanken gemacht habe?
- Mhm.
- Mache ich das, weil ich mich vielleicht sogar abgrenze von anderen? Weil die … ähm … nicht auf die Idee gekommen sind. Das ist einfach [Sperren: genial]. Zum Beispiel sich auf den Moskauer … Moskauer Platz stellen und nackt auszuziehen. Oder wie es andere machen halt: Ich stelle mich auf einen großen Platz und lass hundert andere Menschen nackt ausziehen. Und mache ein Foto davon, ja? Fixierung, Performance, Roter Platz, Moskau, 2013, Pjotr Pavlenski
- [Pause.]
- Unterschied zu Kindern: Idee
- Äh … Also die Idee, die dahinter steckt, macht's dann wieder zu dem Begriff. Er sagt, es [Sperren: ist] Kunst. Er hat sich auch … Er glaubt auch, dass es selbst Kunst ist. Weil er das mit einer gewissen Nachhaltigkeit macht. Weil er sich Gedanken …
- Mhm.
- … darüber gemacht hat. Weil er glaubt, andere wären nicht auf diese Idee gekommen. Damit landet er erst einmal per se in diesen weiten Trichter. Ob er dann am [Sperren: Ende] immer noch als Kunst definiert wird … das ist dann … ist dann ein Prozess. Das ist ja ganz schwierig, was am Ende übrig bleibt.
- Okay. Ganz ganz kurz noch.
- Ganz ganz kurz. Schmähgedicht.
- Kritik am Interview
- Du redest die ganze Zeit!
- Ja deswegen werde ja auch [Sperren: ich] interviewt!
- [Ganz laut:] [Sperren: Ja aber ich will ja Zwischenfragen stellen!] Ansonsten vergesse ich das nämlich.
- Schmähgedicht und Kunstfreiheit
- Deswegen … Zum Beispiel auch dieses Schmähgedicht. Schmähgedicht, Jan Böhmermann (Schwärzungen von WELT), © DW
- Äh … äh … Derjenige, der das geschrieben hat, hat … war der Meinung, … äh … er … äh … dieses Schmähgedicht, das was er gemacht hat, untersteht dem Kunstbegriff. Und der Kunstfreiheit. Ja?
- Ja.
- Ähm … Und … äh … Rechtsanwälte mussten sich … Und Richter mussten sich dann damit beschäftigen, ob er unten am Ende, wo der Trichter am Ende rauskommt, oder wo das Gesetz ansetzt vielmehr, ob es denn auch wirklich dem … äh … äh … Kunstbegriff im Sinne des Gesetzes unterstellt.
- Mhm.
- Äh. Und nur weil jemand ein Gedicht schreibt und da irgendwie … äh … frech jemand … ähm … vorwirft, mit Ziegen zu ficken … äh … äh … Das reicht für mich nicht aus! Also das ist ja …
- Was ist dabei rausgekommen?
- Ähm. Also …
- Ich hab's nicht mitbekommen.
- Ich … Ich hab's auch nicht bis zum Ende verfolgt. Aber zumindestens wurde er glaube ich freigesprochen. Ähm …
- Aus einem anderen Grund. Weil …
- Nein. Die Gerichte haben es unter der Kunstfreiheit …
- Okay.
- … der noch zulässigen Form … Also … Es war eine Gratwanderung. Aber sie haben es noch darunter …
- Satire / Gratwanderung
- Gut. Aber eine Gratwanderung ist ja schon einmal was, was die … Na, wie heißen die, die das machen? … Ähm … Na wie … Was ist der denn? Nen … ähm … Der die Leute auf die Schippe nimmt. Und so. Das ist doch eine Gratwanderung. Zwischen … Ach Mensch, wie heißen die denn? Weißt … Weißt du …
- Satire?
- [Sperren: Satire!]
- Ja.
- Das ist doch eine Gratwanderung. Also das ist doch klar. Da wird dann die große Frage gestellt: Ist es noch Kunst oder eben nicht. Aber das ist doch dann gut! Also … Ich meine, er wandert dann ja genau dort, wo solche Fragen eben aufkommen. Die jetzt bei dem Leinwand-Bild …
- Ja.
- … nicht aufkommen.
- Genau. Und jetzt muss er sich abgrenzen. Der nächste stellt sich hin und schreibt auch ein freches Gedicht. An die Bundeskanzlerin.
- Mhm.
- Ja? Und ist jetzt …
- Passiert bestimmt oft.
- … der Meinung, … ähm … auch [Sperren: ich] falle jetzt unter diesen Kunstbegriff. Das [Sperren: muss] aber nicht so sein. Weil …
- Schmähgedicht = Kunst, da Gedichtsform?
- [Unterbricht:] Obwohl es in Gedichtform ist? Also sozusagen Handwerk ist?
- Ja, aber ich glaube, in dem Moment hat auch mehr eine Rolle gespielt … Und zwar, dass er eine Person im … äh … im … in der öffentlichen Wahrnehmung ist. Er ist Moderator. Er ist im Fernsehen Fernsehen aktiv. Äh … Das ist was ganz anderes, als wenn's eben … äh … der … der Bauarbeiter zu Hause verfasst und an die Bundesregierung ein Gedicht schickt … äh … Wo er halt die Bundeskanzlerin beschimpft. Ja? Also das kann sehr wohl …
- [Unterbricht:] Aber ein Gedicht ist es.
- Nicht jeder, der denkt, Kunst zu machen, ist Künstler
- Aber ein Gedicht. Aber da kann man sehr wohl dazu kommen, dass das eben einfach nur noch den Tatbestand der Beleidigung erfüllt. Äh … Aber nicht mehr unter dem Begriff der Kunstfreiheit fällt. Also diese … Diese … Diese Differenzierungen … Die sind so … so … so klein. Also so … Ja wie soll ich sagen? Ähm … Man muss halt gucken. Nicht … Nicht jeder, der von sich behauptet, Kunst zu machen, oder Künstler zu sein, fällt für mich in diesen Trichter rein.
- Okay. Darf ich ganz ganz kurz da jetzt erst einmal fragen. Bevor ich zu meiner eigentlichen Frage komme.