




Sonntag, 14. August 2016
Psychiatrie und Kunst Modifikation und Erweiterung der Methode von Karen Machover Navratil verwendete weißen Karton (Postkartenformat) statt Schreibpapier Begründung: 1 Karton hat größeren Aufforderungscharakter als Schreibpapier 2 Schreiber bemühe sich mehr 3 kleines Format überfordert nicht reine Bleistiftzeichnung, auch Verwendung von Tusche und Feder bei Patienten, wo ihn künstlerische Möglichkeiten interessierten: von A6 -> A5 -> A4 -> 30 x 40 cm -> ganze und halbe Bögen weißes Packpapier weitere Aufgabenstellungen, wie Tier und Sonne zeichnen am Schluss nur noch: "Zeichnen Sie bitte irgend etwas!" Erinnerung an ein Erlebnis im Delirium tremens
Beschreibung vom Patienten: in Luft hingen Ringe, Männer seien gekommen, hätten lange Stangen getragen, die Aufgabe gehabt, mit den Stangen in die Ringe hineinzufahren Delirium tremens: ernste und potenziell lebensbedrohende Komplikation bei länger Alkoholkrankheit dar Halluzinationen haben starken Realitätscharakter, keine kritische Distanz erlebten Sinnestäuschungen sind von höchster Evidenz (Wahrheitsanspruch) nach Delirium bleiben Erlebtes für einige Tage in Erinnerung, werden noch danach für objektive Wirklichkeit gehalten ("Residualwahn") bei akuten Psychosen Stellung der Aufgabe täglich dadurch Bild des Behandlungs- und Heilungsverlaufes sichtbar Zeichnungen im Behandlungsverlauf einer rezidivierenden endogenen Depression, Patient Lorenz E.
endogen: innen entstanden; infolge veränderter Stoffwechselvorgänge im Gehirn Gehirn 1 im unbehandelten Zustand: menschliche Figur nur wenige Millimeter großer Kopffüßler 2 nach Einleitung antidepressiver Behandlung: Figur wuchs langsam 3 Depression geschwunden: große Figur Kleinheit allerdings kein obligates Merkmal Depression Zeichnungen eines Tieres im Behandlungsverlauf einer Manie, Patient Johann M.
Abklingen der Manie durch Motivwahl erkennbar Tiere wurden immer kleiner und harmloser Stier -> Schwein -> Ziege -> Katze Ramses -> Taube Patient wurde nach Entlassung jedoch depressiv und brachte sich um rückblickend betrachtet: Depression kündigte sich in Zeichnungen an laut Navratil kündigen sich seelische Veränderungen in Zeichnungen an, bevor sie klinisch erfassbar sind Franz Kauer zeichnete naturalistisch vor Ausbruch der Psychose
Franz Kauer, Zeichnung in der akuten Psychose
Patient taubstummer Analphabet vor Ausbruch einer lang andauernden akuten halluzinatorischen Psychose, während Behandlungs- und Heilungsverlauf und nach Abklingen Psychose beobachtet zunächst zeichnete Patient nach Vorlagen und Natur nach Ausbruch Psychose wandte er sich von Realität ab, zeichnete ausschließlich aus Fantasie heraus hoher Symbolgehalt, originelle Formen, große Expressivität nach Heilung wieder Motive seiner Umwelt eingeflossen im Abschlussbericht: "Der 'Künstler' in ihm war die Psychose"