× Aufzeichnungen eines Kunststudenten. Dies ist die Niederschrift zu meinem Kunststudium an der HGB Leipzig.
Folgend einige Hinweise dazu:

(1) Ich möchte niemandem schaden. Ich möchte aber meine Studienzeit in all seinen Facetten festhalten. Dabei ist alles von Interesse, was mit dem Studium an der Hochschule, mit Kunst allgemein und mit meiner eigenen Arbeit im Speziellen zu tun hat.
(2) Fehlerhafte Informationen sind – ungewollt – Teil der Notizen. Sie sind meinem Wissensstand, der Konzentration in stundenlangen Sitzungen und schlecht lesbaren handschriftlichen Notizen geschuldet.
(3) Zitate sind nur hinterlegt, wenn ich mir sicher bin, dass es so gesagt wurde. Die Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen. Das ist nicht böswillig.
(4) Meine künstlerische Arbeit hat größtenteils die Suche und den Zweifel zum Thema. In Einzelgesprächen mit Professoren, Werkstattleitern und Dozenten nehme ich dessen Ansichten wahr und verarbeite diese später in den Notizen. Deshalb bin ich jetzt da, wo ich stehe. Wenn ich einen Hochschulangestellten also mit seiner Meinung darstelle, darf er sich freuen, Teil meiner künstlerischen Entwicklung zu sein.

Leipzig, den 13. Dezember 2016
Redigierte Fassung vom 25. Mai 2018


Klasse Bildende Kunst
HGB Leipzig

Diplom Theorie // Gespräch mit Oma // Modul 4 Prüfung

Montag, 2. Januar 2017

Diplom Theorie Link Gespräch mit Oma Link
  • Also ich denke, wir müssen uns das jetzt nicht direkt durchlesen.
  • Ja.
  • Zu ihrer Zeit nicht anerkannt
  • Aber … Aber was …
  • [Unterbricht.]
  • … ich gehört habe, ist, bei van Gogh Vincent van Gogh und so, dass das halt Maler damals waren, die schon darum kämpfen mussten, anerkannt zu werden.
  • Ja.
  • Also er ist ja glaube ich zu seiner Zeit gar nicht anerkannt …
  • Ja.
  • … gewesen. Er hatte einen Bruder, der ihn finanziert hatte. Und der war dann irgendwie …
  • Ja. Mhm.
  • Lebte zurückgezogen. Erst nachdem er gestorben war, haben …
  • Ja. Mhm.
  • … dann irgendwie die Menschen plötzlich alle erkannt, was … was sein Werk für die Kunst …
  • Ja.
  • … so bedeutet.
  • Gut. Also er ist zu seiner Zeit nicht anerkannt worden.
  • Genau.
  • Ja.
  • Ähm … Ich lese gerade auch ein Buch.
  • Mhm.
  • Französischer Salon
  • Da geht's um den französischen Salon. Ähm … Den offiziellen. Und zwar, wo Werke gezeigt wurden, die auch … äh … ähm … von der Öffentlichkeit … ähm …
  • [Hustet.]
  • … getragen wurden. Da waren halt natur… Vor allem naturalistische Bilder. Porträts. Und so weiter …
  • Mhm.
  • … dargestellt. Und dann soll es damals noch diesen … diesen … äh … äh … ähm … den Salon der Abgelehnten gegeben haben.
  • Mhm.
  • Und da waren zum Beispiel eben solche Werke von …
  • Ja.
  • Leuten, die damals in der Öffentlichkeit …
  • Also so wie ich es …
  • … noch ausgelacht wurden.
  • Wie ich es heute noch empfinde.
  • Genau.
  • So sind sie zu ihrer Leb… zu ihren Lebzeiten empfunden …
  • Genau.
  • … worden.
  • Ich hab' da auch … äh … äh … Aussprüche …
  • Mhm.
  • … äh … rausgeschrieben, wie die in der Presse halt auseinander gerissen wurden.
  • Ja.
  • Also … Also wie die sich darüber lustig gemacht haben, wie die gemalt haben.
  • Ja.
  • Was für Themen und … äh … Also die haben es damals eben auch nicht verstehen wollen.
  • Mhm. Ja.
  • So. Und das war halt ne Minderheit, die das sozusagen für sich, glaube ich, als …
  • Mhm.
  • Neue Wege in der Kunst
  • … als … ähm… also als Ziel irgendwie hatte. Die vorhatten die Malerei zu verändern. Und das war mit ihrer eigenen Sicht dann. Also das war damals eben auch schon ein Pro… Problem. Was …
  • Ja. Also ist der auch zu seiner Zeit nicht anerkannt worden. Wie ich ihn jetzt empfinde. Obwohl ich nicht sagen kann, das ist nun durchweg hässlich. Oder … Oder ganz schlecht. Oder so. So empfinde ich es noch nicht.
  • Mhm.
  • Also etwas Toleranz ist dann wahrscheinlich schon dabei. Aber eben … Ja, nicht so richtig.
  • Mhm.
  • [Lacht.]
  • Toleranz
  • Aber kann die Toleranz auch daher rühren, dass du noch überhaupt etwas erkennst? Also du erkennst ja noch Landschaft. Ne?
  • Ja. Das mag sein. Ich kann noch etwas damit anfangen.
  • Genau.
  • Ja. Da hast du Recht. Ja.
  • Dann nehmen wir jetzt mal ein Bild, womit du vielleicht gar nichts mehr anfangen kannst.
  • [Lacht.]
  • [Tippgeräusche.]
  • [Räuspert sich.]
  • Piet Mondrian Piet Mondrian
  • Wir müssen jetzt nicht gleich ein ganz Extremes nehmen. Sondern wir nehmen erst einmal von Piet Mondrian …
  • [Hustet.]
  • Nehmen wir einfach mal gleich das Erste. Es geht jetzt nicht darum, wer das ist. Ähm …
  • Ja.
  • Und warum er das gemacht hat.
  • Mhm.
  • Sondern bloß, was du siehst und …
  • Was ich dabei empfinde. Eben.
  • Ja. Genau. Genau. Kom… Das heißt "Komposition mit Rot, Gelb, Blau und Schwarz". Von 1920.
  • Also Farbkompo…
  • Genau.
  • …sition.
  • So. Der hat ganz viele solcher Bilder gemacht.
  • Mhm.
  • Was passiert gerade bei dir. Wenn du das siehst.
  • Bild versus Farbkomposition
  • Also das würde ich erst einmal nicht als ein Bild empfinden. Sondern … Ja! Eine Farbkomposition.
  • Was ist für dich ein Bild?
  • Ja … Wie eine Landschaft. Oder wie …
  • Okay.
  • … eine … äh … Bild … na … Menschendarstellungen. Oder die…
  • Okay.
  • …se Arbeitenden da … Was du da gezeigt hast.
  • Mhm.
  • Oder die … äh … Ährenleserinnen. Sowas ist für mich ein Bild. Und das ist … ja … kein Bild. Aber eine Farbkomposition. Wobei, ja, Orange, Gelb und Schwarz dominieren. Weiß … Weiß ist da noch dabei.
  • Mhm.
  • Da ist ein Ton drinne. Ja?
  • Ich denke mal. So ein Grau.
  • Ja. Bläulich. Also die Farben gefallen mir. [Räuspert sich.]
  • Würdest du es als Design ansehen? Also als Wohndekoration? Weiß nicht. Wäre mir jetzt einge…
  • Ne.
  • …fallen.
  • Ja. Man könnte es an die Wand machen. Oder … Oder … Oder was weiß ich. Als Tapete.
  • Ja.
  • Aber selbst das würde ich nicht als Tapete nehmen.
  • Okay. Weil es ein bisschen zu extrem ist.
  • Es ist … zu krass. Da wären die Farben zu krass wieder.
  • Ja.
  • Mondrian und Bettwäsche
  • Aber ich hätte jetzt zum Beispiel diese … [Fasst Bettwäsche an.] Das sind ja auch sozusagen Muster.
  • Ja.
  • Auf dem … Auf dem Bett.
  • Ja. Ja. [Räuspert sich.]
  • Erke… Passiert da überhaupt irgendwas bei dir? Oder ist das jetzt einfach nur eine Farbkombination. Und das war's jetzt sozusagen. Wenn du es im Museum sehen würdest und …
  • Also ich glaub', es passiert innerlich da nichts.
  • Gar nichts.
  • Oder …
  • Na bei mir … Bei mir passiert auch nichts!
  • [Lacht.]
  • Anscheinend passiert da bei Leuten was. Und … ähm … ich kann's auch nicht ganz nachvollziehen.
  • Mhm.
  • Äh … Ich mein', ich hab' mich jetzt über ihn informiert schon. Und so. Und … Und … Aber es ist halt wieder nicht … Wenn man das Bild alleine sieht … So … Das ist … ähm …
  • Blau und Gelb sind ja Ergänzungsfarben. Soviel weiß ich noch.
  • Mhm. Da …
  • kein Empfinden beim Betrachten
  • Aber es passiert ja … Innerlich … äh … ist da kein Empfinden richtig da.
  • Ja.
  • Die Farben sind nicht unangenehm. Es ist eine schöne Farb…
  • Mhm.
  • …kom… …komposition. Aber nicht für eine Tapete. Oder für eine Tischdecke. Oder … Oder so.
  • Mhm.
  • Also … [Räuspert sich.] Eine Spielerei.
  • Mhm.
  • Oder weiß nicht, wie ich es nennen soll.
  • Mhm.
  • [Räuspert sich.]
  • Spielerei
  • Würdest du es auch als Spielerei ansehen, wenn … ähm … wenn du weißt, dass er das sein Leben lang zum Beispiel gemacht hat? Also … Oder was bezeichnest du als Spielerei. Was man eben mal macht und aus Jux? Oder …
  • Also ein Leben lang kann man es ja nicht mehr als Spielerei ansehen. Tja. Da empfindet der Maler wahrscheinlich was. Oder …
  • Er will was zeigen. Oder so.
  • Ja. Was … Was … Was aber nicht bei jedem ankommt.
  • Mhm. Na so ein … Diese Muster werden ja heute … äh … ähm … äh … sozusagen missbraucht, indem sie auf Tassen gedruckt werden.
  • Ja.
  • Was weiß ich. Weil's halt einfach schön ausschaut. Irgendwie. Und man sich das irgendwie gut hinstellen kann.
  • Ja.
  • Bauhaus Bauhaus
  • So. Das ist glaube ich vom Bauhaus …
  • Na ja.
  • … mit den … ne? Mit den …
  • Mit Bauhaus da hab' … bin ich auch so ein bisschen verquer eigentlich.
  • Ja. Aber die haben ja eben mit diesen …
  • Ja.
  • … Farb… Farbkompositionen… Ne? Und …
  • Mhm.
  • … äh … Und … äh … Wie Farben miteinander spielen. Die Formen. Rechtecke. Äh … Kreise! Und so weiter.
  • Ja.
  • Das ist jetzt für dich also schon ein Extrembeispiel. Wo du sagen würdest, damit kannst du eigentlich nichts mehr anfangen. Und das wäre für dich jetzt …
  • Also das passt. Ja. Ich denke … Ja. Es ist … nicht hässlich! Aber ich empfinde dabei ja eigentlich nichts. Also ich würde es nicht als Bild bezeichnen.
  • Ja. Als Farbkomp…
  • Für mich … ja … würde ich es nicht als Bild bezeichnen.
  • Okay.
  • [Räuspert sich.]
  • Du hattest auch schon am Anfang das gesagt mit … Kunst ist für dich … ähm … das, wenn etwas auf eine Leinwand mit Farbe oder so … geführt wird.
  • Ja.
  • Nur mal ganz kurz. Das ist ja Leinwand. Höchstwahrscheinlich. Und Farbe.
  • Ja. Das muss noch nicht einmal Farbe sein. Es genügt auch … Was weiß ich. Wie eine Bleistiftzeichnung. Grau. Ohne Farben.
  • Ja.
  • Das kann für mich auch schon schön sein.
  • Okay. Also alle möglichen … äh … äh …
  • Ja ich bin mit … Als ich Kind war, bin ich mit meinem Vater stundenlang durch Dresden gefahren. Nur durch Trümmer. Eine Trümmerlandschaft. Also wenn man die darstellt … Das ist … äh … ja nichts Schönes. Aber wenn man die auf eine Leinwand bringen könnte, könnte das sehr ansprechend sein. So ein Bild.
  • Mhm.
  • Gute Kunst heißt nicht unbedingt schön
  • Also man kann auch Negatives darstellen.
  • Okay.
  • Und das kann einem was bedeuten.
  • Okay. Also würdest du es dann nicht als hässlich sehen oder so.
  • Ja.
  • Sondern es ist … Es hat …
  • Es ist auch realistisch.
  • Es ist nicht schön. Aber es …
  • Es ist realistisch. Es ist traurig. Eigentlich.
  • Ja.
  • So eine Landschaft zu sehen. Äh … So wie man jetzt Aleppo dargestellt hat. So sah Dresden eben aus. Nach den englischen oder amerikanischen Bombenangriffen eben.
  • Mhm.
  • [Räuspert sich.]
  • Du warst jetzt trotzdem noch bei diesen künstlerischen Mitteln. Äh …
  • Ja.
  • Jetze nicht bloß Leinwand. Papier. Kohle. Stift.
  • Ja.
  • Äh … Alles Mögliche. Kann … Kannst du dir vorstellen, dass es auch … was [Sperren: ganz] anderes sein könnte. Was in der Kunst heute als Kunst angesehen wird. Und … ähm … Was gar nicht in deinem Weltbild …
  • Ja, das müsste ich dann eben sehen. Ne?
  • Okay. Ich …
  • [Lacht.]
  • Dann zeig' ich dir 'mal …
  • Ja. Ja.
  • … etwas.
  • Das weiß ich. Theoretisch …
  • Pissoir Marcel Duchamp von Duchamp
  • Es ist auch schon sehr alt. Es war auch schon, bevor du über … Also …
  • Pissoir? [Lacht.]
  • Ja. Pissoir. Das hab' ich auch schon dem anderen gezeigt. Der hieß … Duschomp. Der Künstler. Es ist … Es ist …
  • Ach so.
  • … von …
  • Tatsächlich. Ein Pissoir!
  • [Lacht.]
  • Genau. So und das hatte der aber schon Neunzehnhundertsiebzehn …
  • Ja.
  • … ähm … ausstellen [Sperren: wollen].
  • Ja. Aha.
  • Also es ist schon sehr sehr alt. Aber auf das berufen sich nach dem Zweiten Weltkrieg ganz viele Künstler. Oder die haben da wieder angeknüpft. Wo er das damals gemacht …
  • Ja.
  • … hat. Er war damals überhaupt nicht akzeptiert damit. Der hatte dann auch zwischenzeitlich, glaube ich, aufgehört. Und erst dann später halt damit wieder angefangen.
  • Ja.
  • Wo dann die Welt dann irgendwie bereit …
  • Also …
  • … dafür war.
  • Also die … äh … Thematik ist … äh … also schon für mich einfach nicht schön. Es könnte interessant … könnte man vielleicht das Wort interessant benutzen. Aber es ist … keine schöne Thematik. Also ich muss nicht verschiedene Pissoirs mir angucken. Also das … Ja. Das wäre also nichts für mich.
  • [Lacht.]
  • Mhm. Kannst du dir vorstellen, warum er das ins Museum bringen wollte? Und es ist ja jetzt im Museum ausgestellt.
  • Er wollte aus der Reihe wahrscheinlich tanzen. Mal ganz was anderes. Mal eine ganz andere Idee. Weil das so kaum einer macht. Und weil es wahrscheinlich kaum von jemanden als schön empfunden wird. Ich weiß es nicht.
  • Na ich glaube …
  • Und …
  • Na ich hab's ja auch gesehen. Ich würde es auch nicht als schön empfinden. Aber es war halt … ähm … Ich kenne jetzt die Geschichte dazu. Sozusagen.
  • Ja.
  • Ähm … Ansonsten hätte ich es auch bloß als Pissoir gesehen, was …
  • [Lacht.]
  • … da irgendjemand hin getan hat und halt 'ne Unterschrift gegeben hat. Ne? Der hat anders unterschrieben. Der heißt ja gar nicht so hier. Äh … R … Matt.
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