Friedrich

Ein Autist erzählt.

Spaziergang, der

Im ersten Semester an der Kunsthochschule organisierte eine Professorin einen Spaziergang. Ich bin also mit den anderen Kunststudenten durch die Stadt gelaufen. Den Sinn vom Spaziergang habe ich nicht verstanden. Anstatt sich die Stadt anzuschauen, haben alle gleichzeitig geredet.

Um mich zu beruhigen, fing ich an die Gehwegplatten zu analysieren. Aus dem Analysieren entwickelte sich ein Spiel. Beim Gehen durfte ich mit dem Fuß die Fugen zwischen den Gehwegplatten nicht berühren. Weiterhin durfte jede Gehwegplatte nur einmal berührt werden. Waren die Gehwegplatten klein, machte ich Trippelschritte. Waren die Gehwegplatten groß, musste ich weit ausholen, damit ich nicht zweimal eine Gehwegplatte berührte. So habe ich den Spaziergang überlebt.

Im Hauptstudium gab es keinen Spaziergang durch die Stadt aber immer wieder gemeinsame Frühstücke. So ein Frühstück startete frühstens um 10 Uhr. Ich war aber seit 7 Uhr wach. Und gefrühstückt hatte ich auch schon. Also saß ich mit einer Kaffeetasse am Tisch und versuchte krampfhaft locker auszuschauen. Die anderen Kunststudenten haben auch locker ausgeschaut. Denen schien das Frühstücken aber zu gefallen.

Merke: Beim gemeinsamen Frühstück geht es nicht um das Frühstück. Und beim gemeinsamen Spaziergang geht es nicht um den Spaziergang.