Gespräch mit mir
Am Totenbett
Kopf von Oma
Zwei Omas
- Das ist jemand Fremdes!
- Die schaut ganz anders aus.
- Pause.
- Ihre Haare sind fast weg, man kann richtig den Schädel erkennen.
- Und das Augenscheinlichste: Ihr Gesicht ist nicht mehr geschminkt.
- Die Lippen nicht mehr groß durch rote Farbe.
- Es gibt keine Augenbrauen mehr.
- Pause.
- Die sie am Ende eh nur noch draufgemalt hatte.
- Pause.
- Ihre Haare waren bis zuletzt blond.
- Jetzt sind sie weiß!
- Weil sie sie nicht mehr färbt.
- Pause.
- Von vorne betrachtet ist ihr Kopf sehr rund.
- Ihre ganze Haut wird nach hinten gezogen.
- Vor den Ohren sind große Huckel, wo sich die Haut staut.
- Ihr Kinn fällt nach hinten!
- Also ihre Oberlippe ist nicht mehr mit der Unterlippe auf einer Ebene.
- Die Schwerkraft zieht sie nach hinten.
- Pause.
- Nur im Profil kann ich mir vorstellen, dass das noch Oma ist.
- Pause.
- Wenn ich mir das gelockte Haar, die roten Lippen und die Augenbrauen dazudenke, IST das Oma.
- Durch die ganze Schminke, die gefärbten Haare und die gelockten Haare ist mir nie aufgefallen, wie alt sie WIRKLICH ist.
- Hätte ich die Oma nicht im Profil gesehen, hätte ich nicht gedacht, dass sie das ist.
- Pause.
- Den einen Kopf modelliere ich jetzt in Plastilin.
- Ich versuche den so zu machen, wie Oma zuletzt ausschaute.
- Wie ich sie aber gar nicht in Erinnerung habe!
- Pause.
- Der Kopf soll dann aber gar nicht wie bei Büsten üblich aufrecht sein, sondern in einer liegenden Position.
- Pause.
- Den zweiten Kopf will ich dann so machen, wie ich sie in Erinnerung habe.
- Pause.
- Also mit roten Lippen, mit gemalten Augenbrauen.
- Und mit blondem Haar.
- Und Lockenwickler!