Gespräch mit mir
Kopf von Jonathan
Mit Werkzeug und Fingern modellieren
Der Arbeitsprozess ist die Arbeit
Arbeit planen
- Was ich am besten kann, ist eine Arbeit nicht zu beenden.
- Also Jonathans Kopf hab ich heute wieder komplett neu angefangen eigentlich.
- Und anstatt mit Werkzeug zu arbeiten, hab ich wieder nur die Finger genommen.
- Pause.
- Da tun jetzt wieder die Fingerkuppeln weh!
- Weil da wieder viel Plastilin runtergekommen ist!
- Pause.
- Also ich ... ähm ... komme sehr weit.
- Aber beende es nie!
- Ich hab dann Tage, wo ich mir sage: Ich möchte es eigentlich etwas gröber haben!
- Ein bisschen ungenauer!
- Oder detaillierter!
- Und dann fange ich halt wieder von ganz von vorne an.
- Und da das mit Oberkörper bei Jonathan ist, ... ähm ... ist das ein großer Bereich, den ich dann wieder neu modellieren tue.
- Also nicht bloß das Gesicht, sondern dann geht es um den Rücken, um die Brust.
- Und es muss dann ja wieder der selbe Stil sein!
- Oder sollte.
- Pause.
- Also auch bei Jonathans Kopf: Es sind jetzt schon mehrere Ergebnisse bei herausgekommen.
- Aber keins hab ich abgegossen.
- Pause.
- Was mir jetzt wieder beim Modellieren mit den Händen auffällt, ...
- Klar, es wirkt etwas plumper.
- Gröber!
- Aber da kann ich ja nochmal einzelne Bereiche mit Werkzeug nachmodellieren.
- Pause.
- Das SCHÖNE ist aber, dass die Oberfläche spannender wirkt.
- Weil viele Formen nicht explizit da sind, sondern ...
- Wenn ich diesen Kopf betrachte, DANN entstehen erst eigentlich die Formen.
- Also nur weil da jetzt mit den Fingern kleine Hügel gemacht sind, entsteht dann im Kopf später: Ah, das ist die Wange!
- Das ist der Kaumuskel!
- Das ist aber nicht explizit angegeben, also modelliert, sondern es kann dann PASSIEREN, dass ich das da drinnen sehe.
- Pause.
- Und das macht's wieder spannender und ich kann offener arbeiten.
- Pause.
- Aber zu dem, dass ich selten etwas beenden kann, ...
- Ähm ...
- Ich denke, es gibt zwei Arten von Künstlern.
- Einmal die, die sehr planvoll vorgehen.
- Die dann WOCHENLANG an einer Sache arbeiten können, es strukturieren, Entwürfe machen und das dann am Ende auch umsetzen.
- Wo halt ... ähm ... eigentlich schon das Ergebnis am Anfang vorhanden war.
- Und es dann um die Umsetzung geht.
- Ein sehr schweißtreibender Prozess!
- Und es ist ein Prozess, den ich nur machen kann, wenn ich auch handwerklich etwas gelernt habe.
- Wo ich weiß, was passiert, wenn ich das jetzt so und so mache.
- Pause.
- Und dann gibt's die andere Art.
- Wenn ich einfach anfange, ohne eigentlich genau zu wissen, was werden wird.
- Ich weiß die Körperhaltung nicht!
- Ich weiß nicht, wie der Gesichtsausdruck sein soll!
- Ich weiß noch nicht einmal, ... ähm ... wie die Oberfläche sein soll.
- Ob sie grob sein soll!
- Oder fein!
- Ob es abstrakter sein soll!
- Ob ich mit Fingern arbeite!
- Ob ich mit Werkzeug arbeite!
- Und mit welchem!
- Pause.
- Ähm ... Da sind so viele Sachen einfach OFFEN, dass ich am Anfang gar nicht mal sagen kann, was passiert jetze.
- Pause.
- Was NICHT so schön ist, ist, dass ich tagelang arbeiten kann an einem Kopf und am Ende kommt nichts bei heraus.
- Es kann passieren, dass ich nach Tagen den Kopf einfach sein lasse.
- Pause.
- Das SCHÖNE bei diesem Vorgehen ist, dass ich selbst nicht weiß, was geschehen wird.
- Also die ganze Zeit, wo ich modelliere, zeichne, eine Collage anfertige, ein Linienbild mache, ... ähm ... weiß ich nicht ...
- Ob am Anfang, in der Mitte oder sogar fast am Ende!
- Da weiß ich nicht, was bei herauskommen wird.
- Wie die Arbeit aussehen wird.
- Welches Material!
- Welche Form!
- Welche Größe!
- Pause.
- Dadurch bleibt es halt die ganze Zeit für mich interessant.
- Dran zu bleiben!
- Weil ich mich selbst ÜBERRASCHEN kann.
- Pause.
- Der einzige Nachteil ist halt: Ich komme häufig nicht zum Ende.
- Pause.
- Aber vielleicht ist das auch mein Ding.
- Am Ende habe ich halt Zwischenergebnisse.
- Also Momente festhalte, WÄHREND ich gearbeitet habe und nicht ... ähm ... ein ERGEBNIS, wo ich mir sage, so soll es aussehen.
- Das ist also wie eine Ideensammlung.
- Eine Skizzensammlung!
- Pause.
- Dadurch bleibt alles ein bisschen offener.
- Undefinierter.
- Pause.
- Lebendiger!