Zeitrechnung nach der Menschheit und dem Einzelnen
Seit ein paar Jahren datiere ich meine Arbeit ja nicht mit einer Jahreszahl.
Also wie man das halt normalerweise macht!
Neunzehnhundertfünfundachtzig.
Oder Zweitausendneunzehn.
Pause.
Sondern datiere nach meinem Geburtsjahr.
Geburts...
Also wie alt ich bin!
Jetzt vierunddreißig.
Pause.
Wenn ich mir Arbeiten von anderen angucke und da steht zum Beispiel Neunzehnhundertneunundachtzig, dann entsteht bei mir halt kein Bild, ... ähm ... wie der Künstler das Bild gemalt hat.
Diese Jahreszahl ist eigentlich ... ähm ... von dem Bild ... ähm ... GETRENNT.
Pause.
Wenn hingegen ein Jahr steht, wie alt der Künstler war, als er das gezeichnet hat, dann stelle ich dieses Bild gleich in BEZIEHUNG zu ihm.
Und es wird dann interessant!
Weil du halt siehst, ... ähm ... was jemand zu bestimmten Zeiten ... ähm ... gedacht hat.
Was er umsetzen wollte!
Wie sein Alltag war!
Und das hast du halt bei einer großen Jahreszahl NICHT.
Pause.
Da wird die Arbeit in den Kontext ... ähm ... der Kunstgeschichte gestellt.
Der Menschheitsgeschichte!
Also zweitausendneunzehn Jahre nach Christi.
Nachdem er geboren oder gestorben ist.
Es wird also in einen RIESENGROSSEN Zusammenhang gestellt, was aber in der Arbeit selber gar nicht ... ähm ... herauskommt.
Oder wichtig ist!
Pause.
Mich würde jetzt zum Beispiel auch mehr interessieren, wie alt war ein Höhlenmensch damals, als er ein Tier an die Wand gemalt hat.
Und nicht, dass das vor hunderttausend Jahren oder so war!
Pause.
Dass das lange her ist, ist mir klar. Aber die GESCHICHTE dazu entwickelt sich halt erst ...
Die PERSÖNLICHE!
Die MENSCH-GESCHICHTE!
Die entsteht halt erst, ... ähm ... wenn das Datum ... ähm ... ein anderes ist.
Pause.
Kommt natürlich auch immer auf die Arbeit drauf an.
Also wenn ich jetzt den Alltag zeichne, ...
Selbstbildnisse mache!
Köpfe modelliere!
Dann finde ich den persönlichen Bezug ... ähm ... sehr wichtig.
Wenn die Arbeit aber abstrakt ist, also zum Beispiel ein Material oder eine Technik im Vordergrund steht, ...
Oder sich eine Arbeit eben auf andere Arbeiten in der Kunstgeschichte bezieht!
Was es ja häufig tut.
Auch automatisch, ungewollt.
Es gibt STÄNDIG Wiederholung.
Ein Stil oder eine Technik gab es bestimmt schon.
Meistens.
Darauf nimmt der Betrachter ja eh immer schon Bezug, wenn er das Wissen hat.
Pause.
Aber bei Arbeiten, die ich selbst interessant finde, ...
Die NICHT vom Menschen, vom Künstler, getrennt sind.
Sein können!
Da muss ich dann immer umrechnen zwischen der ... der ... der tausendjährigen Zahl und dem ... dem MENSCHENLEBEN.
Dem KÜNSTLERLEBEN.
Pause.
Wie alt war van Gogh, als er ein Selbstbildnis gemacht hat?
Pause.
Bei vielen griechischen Plastiken würde mich das aber nicht interessieren.
Da ist irgendwie der Bezug ein anderer.
Da gibt es eine Ästhetik, die halt von den ... ähm ... Bildhauern ... ähm ... genommen wurde.
Üblich war.
Die hat sich aber immer wieder geändert!
Hab ich ja an den Augen gemerkt.
Wie extrem unterschiedlich in einigen hundert Jahren Augen modelliert wurden.
Aber es fehlt da eh schon der persönliche Bezug, ... ähm ... wenn eine Gottheit dargestellt wird.
Oder ein Herrscher.
Finde ich.
Pause.
Aber schon alleine wenn vor hundert Jahren jemand eine Landschaft gemalt hat, dann finde ich wieder den Bezug zu dem Künstler selbst wichtig.
Also nicht nur wissen, wie er hieß, sondern auch wie alt er war.
WENN man das schon angibt!
Weil ER war ja in dem Moment, in der frühen Morgenstunde, auf dem Feld!